Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
Sehr geehrte Damen und Herren,

Wir leben nach wie vor im Krisenmodus.   Einerseits wüten weiterhin Kriege insbesondere in der Ukraine und steigern die Flüchtlingszahlen andererseits sorgen Umwelteinflüsse mit katastrophalen Auswirkungen für erhebliche Flüchtlingsströme in unser Land. Darüber hinaus führen die aufgrund der allgemeinen Haushaltslage des Bundes entstandenen Investitionsdefizite zu einem Konjunktureinbruch. Das alles hat Auswirkungen auf die Kommunen und somit auch auf Nottuln. Einiges aber beruht auf Fehlentscheidungen in unserer Gemeinde selbst.

Ich beginne mit einem Rückblick auf insbesondere von unserer Fraktion eingebrachte Beschlüsse dieses Rates im Jahresverlauf 2023, die bisher gar nicht oder nicht beschlusskonform umgesetzt wurden. Ebenso sind Fehlentwicklungen mit finanziellen Auswirkungen beschlossen oder auf den Weg gebracht worden. Nachfolgend möchte ich dafür einige Beispiele nennen.

Stever-Renaturierung

Am 21.06.22 wurde auf Antrag der SPD-Fraktion die Verwaltung beauftragt,

„Maßnahmen zur Renaturierung der Stever in Eigenverantwortung zum wirksamen Hochwasserschutz für Appelhülsen sowie den Finanzierungsvorschlag dazu zu prüfen und das Ergebnis nebst einem möglichen Umsetzungskonzept dem Ausschuss vorzustellen“. Das wurde so nicht umgesetzt.

Stattdessen gab es am 07.02.23 einen neuen Beschlussvorschlag, der eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung mit den Wirtschaftsbetrieben Coesfeld (WBC) zum Inhalt hatte. Die WBC soll den Auftrag zur Umsetzung bekommen. Die Finanzierung der Maßnahme war offengelassen bzw. nicht auskömmlich geplant. Ein aktueller Stand ist dazu bisher nicht vorgetragen worden.

Bebauung Ortskern Stiftstr.5

Es gab eine anfangs von einer breiten Mehrheit getragene kritische Würdigung des vom Investor geplanten Bauwerks.

Die Einschaltung des mobilen Baukulturbeirats für das vorgestellte Bauprojekt mündete in einer ablehnenden Stellungnahme. Auf Antrag der SPD-Fraktion wurde ein Ratsbeschluss gefasst mit folgendem Inhalt „Die Gemeindeverwaltung wird beauftragt die Aufstellung eines Bebauungsplans für den inneren Ortskern von Nottuln und weitere geeignete Instrumente zur Sicherung des historischen Ortsteiles zu prüfen und dem Rat die Ergebnisse der Prüfung und ein mögliches Umsetzungskonzept vorzustellen.“

Auch dieser Ratsbeschluss ist nicht umgesetzt worden.

Stattdessen wurde ohne Ratsbeschluss eine Denkmalbereichs- und Gestaltungssatzung beauftragt. Es gab Übereinstimmung in der Einschätzung, dass in der Zwischenzeit, sollte ein Bauantrag im Ortskern gestellt werden, eine Veränderungssperre beschlossen werden soll.

Vor Fertigstellung dieser Dokumente gab es vom Investor einen überraschenden Antrag auf Baugenehmigung. Das Einvernehmen der Gemeinde war erforderlich. Die Bauplanung fand auch nach erneuter Begutachtung durch den mobilen Baukulturbeirat keine Zustimmung. Trotzdem wurde eine Veränderungssperre von der Mehrheit abgelehnt. Ein weiterer Entwurf sollte her. Eine finale Befassung des mobilen Baukulturbeirats fiel aber ebenfalls negativ aus.

Eine Veränderungssperre, wie ursprünglich diskutiert wurde aus nicht nachvollziehbaren Gründen auch in dieser Sitzung nicht beschlossen.

Bau von Unterkunft für Geflüchtete und Nutzung Bestandsgebäude

Trotz unserer Intervention, dass das Angebot zum Bau der beiden Gebäude am Bahnhof Appelhülsen

viel zu teuer ist, wurde das Angebot angenommen und damit ein erheblicher sechsstelliger Betrag zu viel investiert.

Die Nutzung von Bestandsgebäuden, wie u.a. von uns vorgeschlagen, z.B.  Baumberger Hof wurde von der Mehrheit im Rat ohne genaue Prüfung abgelehnt. Die Renovierung von Bestandsgebäuden ist wesentlich kostengünstiger als ein Neubau wie am Bahnhof Appelhülsen. Außerdem wird mit einem solchen Bau bei den aktuellen Zahlen von in Nottuln unterzubringender Flüchtlinge nur eine Zeitspanne von 2-3 Monaten überbrückt, bevor das nächste Gebäude folgen muss.

Genossenschaftlicher Wohnungsbau mit der Lerchenhorst eG

Kürzlich erschien ein Bericht in der WN zu diesem Thema. Zu begrüßen ist zunächst, dass dort Wohnraum zu bezahlbaren Mieten in Vorbereitung ist.

Die im Bericht aber enthaltenen Ankündigungen über

Detailplanungen für Projekte, die nach der Satzung der Lerchenhorst eG ausgeschlossen sind und dem Gemeinderat bisher so nicht vorgestellt wurden, lässt die Alarmglocken läuten. Gemeindegrundstücke werden bereits in die Genossenschaft übertragen, die außerhalb des festgelegten Betätigungsraumes (Lerchenhein-Siedlung) liegen.

Offen für das Vorstandsmitglied Stefan Kohaus (Gemeindeoberrechtsrat) scheint auch zu sein, ob die Mieter Mitglieder in der Genossenschaft werden sollen. Bei der Gründung der Lerchenhorst eG war das aber ein Hauptgrund für dieses Projekt. Das kann in den Beschlussvorlagen des Rates dazu nachgelesen werden.

Hier scheint sich etwas zu verselbständigen, was so nicht im Rat beschlossen worden ist. Wir werden das aufmerksam verfolgen und für die Bürgerinnen und Bürger transparent machen.

Gewerbeansiedlung mit weniger Flächenverbrauch

Veränderte Konzepte sind auch für künftige Gewerbeansiedlungen gefragt. Flächenversiegelung ohne entsprechende Gewerbesteuereinnahmen und Schaffung von Arbeitsplätzen, wie Ende 2022 bei der Agravis-Ansiedlung passiert, sind einschneidende Fehlentwicklungen. Jüngst gibt es erneut Bestrebungen in die gleiche Richtung mit der Ansiedlung eines weiteren Logistikers mit gleichem Flächenbedarf wie bei der Agravis. Leider zulasten unserer Gesamtflächen für Gewerbeansiedlung im Regionalplan.

Die massive Versiegelung kann nur durch entsprechend teurer Maßnahmen kompensiert werden.

Im Abwasserbeseitigungskonzept 2023 der Gemeinde sind Hinweise auf die Steigerung der Niederschlagwassermenge und weiterer notwendiger Maßnahmen enthalten. Insgesamt fallen Kosten in Höhe von knapp 5 Mio EUR in den nächsten Jahren an, die die Gemeinde (der Bürger) finanzieren muss.

Wir schlagen alternativ eher die Ansiedlung von Startups beispielsweise für die Batteriezellenforschung oder Wasserstoffelektrolyse in Zusammenarbeit mit der UNI in Münster vor.

Anlässlich eines in 2023 gehaltenen Vortrags von Frau Dr. Wessels von der Fraunhofer – Einrichtung Batteriezelle in Münster erklärte sie, dass

eine dezentrale Entwicklung in der Batterieforschung durch junge Unternehmen im Umfeld von Münster durchaus möglich ist.

Zum zukünftigen Haushalt 2024

In den letzten Jahren wurden die Haushalte der Gemeinde Nottuln mit einem Defizit geplant und von 2019 bis 2022 mit einem Überschuss von insgesamt rund 4 Mio. EUR abgeschlossen
Die bisher von der Verwaltung vorgelegten Zahlen für das Haushaltsjahr 2023 lassen wieder einen Gewinn von rund 1 Mio. € erwarten bei einem geplanten Minus von 2,7 Mio. €.
Aufgrund dieser Missverhältnisse zwischen geplanten Aufwendungen und tatsächlicher Aufwendungen sieht die SPD-Fraktion nicht die Notwendigkeit einer Steuererhöhung.
Für das Jahr 2024 plante die Verwaltung eine Erhöhung der Ausgaben um 5,2 Mio. € gegenüber dem Ansatz von 2023. Das ist deutlich zu hoch angesetzt.
Zur Deckung wurde eine Steuerhöhung für alle Steuerarten von 20 % vorgeschlagen.
In den Haushaltsberatungen wurden einige geplante Ausgaben reduziert.

Weitere Kürzungen, wie von unserer Fraktion dargestellt sind grundsätzlich möglich, wurden aber von CDU, Grüne und FDP verhindert.

Somit wird es zu Steuererhöhungen kommen.

Bei dem jetzt vorliegenden Haushaltsentwurf gibt es große Ungerechtigkeiten, weil die Steuerzahler unterschiedlich hoch belastet werden. Der Vorschlag von CDU, Grüne und FDP sieht vor:

Hebesatz Grundsteuer A von 250% auf 259%
Erhöhung von 3,6 %
Hebesatz Gewerbesteuer von 430% auf 460 %
Erhöhung von 6,9 %
Hebesatz Grundsteuer B von 590% auf 690%
Erhöhung von 16,9 %

Würde man alle drei Steuersätze gleichmäßig um 10 % anheben ergäbe sich mit etwa gleichem Resultat für den Haushalt folgendes:

Hebesatz Grundsteuer A = 275 %
Hebesatz Gewerbesteuer = 473 %
Hebesatz Grundsteuer B = 649 %

Das wäre eine gerechte Verteilung der Lasten.

Auf Steuererhöhungen kann grundsätzlich verzichtet werden. Wenn aber Steuererhöhungen infrage kommen, dann bitte aber gerecht verteilt auf alle. 

Zu bedenken ist, wenn aus zu hoch kalkulierten Aufwendungen vermeidlich ein Defizit errechnet wird, dass zu einer nicht erforderlichen Steuererhöhung führt, ist ein Schaden durch Konsequenzen der Gewerbetreibenden und Bürgern (Verlassen der Gemeinde oder Verzicht auf Zuzug) nicht auszuschließen.

Zum Schluss noch einige Anmerkungen zu den auf Vorschlag der Grünen von CDU, FDP und Grünen beschlossenen Verschiebung bestimmter Investitionen und Kreditaufnahmen aus dem Gemeindehaushalt in die GIG mbH. Eine Verlagerung darf nicht zu einer Verschleierung der Höhe von Krediten führen, für die die Gemeinde notfalls haften muss. Letztendlich ergeben sich keine nennenswerten Vorteile aus dieser Vorgehensweise aber nicht unerhebliche Risiken.

In diesem Zusammenhang erinnere ich an das Projekt Appelhülsen Nord II, welches uns über 7 Mio. EUR Verluste beschert hat.

Aus diesem Grunde ist zu beachten, dass die Kontrolle der Projekte immer beim Gemeinderat bleiben muss, damit jederzeit Einfluss darauf genommen werden kann.

Bei ausgelagerten Aktivitäten in eine Genossenschaft und insbesondere der Übertragung von Grundstücken dorthin ist die Kontrolle für den Gemeinderat nur indirekt möglich. Sie ist ausschließlich projektbezogen zu verantworten und nicht wie bereits geschehen, auf Vorrat. ohne konkretes Projekt und ohne Bebauungsplan.

Wir werden dem Haushalt aus den vorgenannten Gründen nicht zustimmen.

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